Funktioniert eigentlich unsere Berufsorientierung?
Diese Frage stelle ich mir seit vielen Jahren – und wenn ich ehrlich bin, lautet meine Antwort schon seit Beginn: Nein. Hätte ich die Patentlösung, wie wir unsere Fachkräfteprobleme lösen könnten, würde ich täglich neue Weisheiten zum Thema teilen – ganz nach dem Motto
„Erfolg ist kein Glück“ – oder doch?
Seit Jahren beschäftige ich mich mit Begegnungsformaten zwischen Jugendlichen und Unternehmer*innen. Ziel ist es stets, eine positive Atmosphäre zu schaffen und den Jugendlichen ein prägendes Erlebnis zu bieten. Aus meiner Sicht ist dies der beste Weg, um Berufe, die bislang wenig im Blickfeld junger Menschen waren, ins Rampenlicht zu rücken.
Doch was, wenn das nicht ausreicht?
Seit drei Jahren ist Safe Hub ein wichtiger Projektpartner für unsere verschiedenen Formate, wie beispielsweise die Außerschulischen Lernorte. Gerade in einem sozial herausfordernden Umfeld rund um den Leopoldplatz haben sie mit einem neu gebauten Fußballplatz einen echten Begegnungspunkt geschaffen. Unter anderem ermöglicht das Programm „Playmaker“ Jugendlichen, auf Minijob-Basis aktiv an der Umsetzung des Projekts mitzuwirken – und dabei auch einen Einblick in mögliche Berufsfelder und Ausbildungswege zu gewinnen, wie wir sie beim FKU vermitteln.
In unserem letzten Workshop ging es beispielsweise darum:
Welche Ausbildungsform soll gewählt werden und wie kann ich das, was mir Spaß macht, für mein zukünftiges Berufsleben einsetzen?
Die sechs Playmaker, die ich kennenlernen durfte, waren superfreundlich, aufgeschlossen und auf den ersten Blick voller Optimismus für ihre Zukunft. Schnell wurde jedoch deutlich, dass bereits in ihren noch jungen Alter viele Herausforderungen auftreten, für die es keine einfachen Lösungen gibt und die durch Berufsorientierung allein nicht zu lösen sind.
Am Ende des Abends stellte sich mir erneut die Frage: Funktioniert eigentlich unsere Berufsorientierung? Mein Fazit lautet leider: Nein – und das hat Gründe.
Glücklicherweise gibt es viele Unternehmen in meinem Netzwerk, die eine vorbildliche Berufsorientierung betreiben und dabei klar zeigen, dass Geschlecht, Religion und Herkunft keine Rolle spielen, wenn es darum geht, den passenden Kandidaten zu finden. Sie blicken auf den Menschen und entscheiden, ob dieser zu ihrem Unternehmen passt.
Doch sobald wir über die von uns oder andere Initiativen organisierten Begegnungen hinaus in die Realität blicken, zeigt sich die harte Wahrheit. Plötzlich werden religiöse Symbole problematisch, der familiäre Druck wächst und der Einfluss des Umfelds nimmt überhand – all das führt dazu, dass junge Menschen im Übergang festhängen und weder in eine Erstausbildung starten noch ihre berufliche Laufbahn beginnen können.
Es muss uns bewusst sein, dass es mehr braucht als nur die Anstrengungen einzelner Initiativen, um einen Wandel herbeizuführen. Es braucht Menschen, die aufgrund von Talent, Empathie und Erfahrung entscheiden, warum jemand in ein Unternehmen passt. Wenn wir wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftlichen Zusammenhalt erreichen wollen, müssen wir alle mitnehmen – das heißt, den Blick auf den Menschen zu richten und nicht auf Herkunft, Religion oder Geschlecht. Denn viel zu oft ist Erfolg letztlich doch nur Glück Das Glück den richtigen Menschen zur richtigen Zeit begegnet zu sein.
Über den Autor

Martin Knauft ist Koordinator des Regionalen Fachkräfte-Bündnis Friedrichshain-Kreuzberg.